Goodbye Scotland

Auch der schönste Urlaub ist irgendwann vorbei

Veröffentlicht am 21. Juni 2015

Mit dem Gedanken, dass heute der Tag der Abreise ist, stehe ich auf. Wir räumen alle Sachen zusammen und packen schon einmal alles ins Auto, bevor wir uns dazu entschließen im Hotel noch zu frühstücken. Es regnet, so als wäre Schottland traurig darüber, dass wir es verlassen. Außer einer Familie sind sonst keine Gäste im Speisesaal. Obwohl ich nur ein kleines Frühstück bestelle bekomme ich ein ganzes. Gut, ich beschwere mich nicht. Nachdem wir unsere Bikes aus dem Schuppen geholt und sicher auf dem Träger am Auto befestigt haben, geht es auch schon los. Zunächst noch einmal nach Peebles um zu tanken und Ausschau nach Souvernir-Shops zu halten. Da Sonntag ist haben wir bei letzterem kein Glück und so setzen wir unsere Koordinaten auf Newcastle und Stefan beamt uns die Landstraßen entlang. Ein letztes Mal Ralley in Schottland. Scheinbar sind wir nicht schnell genug, da wir von ein paar Autos überholt werden. Der Preis dafür, dass man sich an die Tempolimits hält.

Die Fahrt verläuft ohne Zwischenfälle, so dass wir viel zu früh an der Fähre ankommen. Also fahren wir auf den Shopping-Center-Parkplatz, auf dem wir bei der Ankunft die Tourist-Information gefunden haben. Wir schlendern ein wenig durch die Gegend, schauen in dem einen oder anderen Gift-Shop herein, wo ich schließlich auch noch etwas einkaufe. Mit nach wie vor genug Zeit auf der Uhr kehren wir noch im Subway ein und schaffen es die Bedienung durch ständiges Nachfragen, langsame Entscheidungsfindung und wahrscheinlich falsche Wortwahl zu nerven. Nichts desto trotz schmeckt es so gut, wie in wahrscheinlich weltweit jedem Subway. Zurück am Auto fahren wir also zum Check-In, wo eine ähnliche Prozedur wie auf dem Hinweg stattfindet. Lustigerweise wird neben uns ein älterer Ford Mondeo aus Trier richtig durchsucht - der Fahrer muss sogar die Motorhaube öffnen. Wir fragen uns, womit er den Verdacht auf sich gezogen hat. Wir werden hingegen schnell abgefertigt und dürfen uns sogar ganz vorne in einer Spur einsortieren. Trotzdem dauert es einige Zeit, bis wir schließlich die Fähre befahren dürfen. Einmal eingeparkt, schnappen wir uns unsere Sachen und wollen gerade nach oben, als Stefan mich noch an mein Notebook erinnert. Wie konnte das passieren?!? Beim Versuch wieder auf das Parkdeck zu steigen werde ich fast von einem Motorradfahrer überrollt und so muss ich ein bisschen warten, bis alle Motorräder an mir vorbei sind. Schließlich ist alles gut gegangen, ich habe mein Notebook, schließe zu Stefan auf und wir beziehen unser Zimmer, das ganz in der Nähe von dem auf der Hinfahrt liegt.

Die Zeit auf der Fähre verbringen wir dann hauptsächlich mit Lesen. Stefan schafft es sogar sein Buch vollständig abzuschließen, das er zu Beginn unserer Reise angefangen hat. Gutes Timing! Der fünfte Band von A Song of Ice and Fire von George R. R. Martin mit seinen 1184 Seiten in kleiner Schriftart wird mich auch noch nach dem Urlaub ein wenig beschäftigen. Jedenfalls beschließt Stefan sich in unsere Kajüte zu verziehen, da er müde und es in der Bar auch relativ frisch ist. Ich halte noch ein wenig länger aus, bevor ich mein Kapitel abschließe und etwas über das Schiff schlendere um mir ein paar ausgestellte Modellschiffe und deren Historie anzuschauen. Als ich wieder in unsere Kabine komme meint Stefan, dass unser Abendessen schon eine Stunde vorher stattfindet, als ich es ursprünglich angenommen hatte, da das Schiff die Uhrzeit bereits auf MESZ umgestellt hat. Ich frage zur Sicherheit noch einmal nach und tatsächlich, Stefan behält Recht. Wie eigentlich fast immer. So verpassen wir den Andrang am Restaurant und werden direkt in Empfang genommen und zu unseren Plätzen geführt. Wir schlagen uns mal wieder richtig die Bäuche voll, was nicht ganz einfach ist, da zwei Schüleraustausch Gruppen in Kompaniestärke an uns vorbei rauschen und das Buffet blockieren. Während wir hin und wieder auch zusammen am Tisch sitzen und nicht in der Schlange stehen, lassen wir die zwei Wochen Revue passieren und lästern über die britischen jungen Damen am Nachbartisch. Endlich ist auch Stefan satt. Ich klaue mir noch zwei Birnen fürs Frühstück und wir verziehen uns auf unser Zimmer.

Und jetzt sitze ich hier und tippe unseren letzten Tag der Reise ins Notebook. Das heißt, eigentlich gehört der morgige Tag auch noch ein bisschen dazu, aber ich glaube, dass dort nichts Nennenswertes mehr passiert, so dass jetzt ein sehr guter Zeitpunkt gekommen ist ein kurzes Fazit zu ziehen.

Kurz gesagt, es waren zwei einfach geile Wochen. In der ersten Woche hatten wir perfektes Wetter, wir haben geniale Mountainbike Trails unter die Räder genommen, unsere Unterkünfte waren immer in Ordnung und es hat einfach immer alles gepasst. Auch die Herzlichkeit und Offenheit der Schotten hat uns immer wieder begeistert. So einen lockeren und freundlichen Umgang findet man in Deutschland wahrscheinlich nicht so oft, während er dort selbstverständlich ist. Besonders beeindruckend ist aber, was wir erlebt haben. Beim Abendessen auf der Fähre sind wir nochmal unsere ganzen Stationen durchgegangen: Newcastleton, New Abbey mit Mabie und Ae Forest, Dalbeattie, Newton Stewart, Kirroughtree, Loch Lomond und Umgebung, Kinlochleven mit dem Blackwater Trail, Fort William, dann Skye mit der Sligachan Loop und einem Tag Sightseeing (mit Kletteranteil), Applecross und dem Trail nach Torriden, schießlich Aviemore im Cairngorms National Park mit Glenlivet im Nordosten und Laggan Wolftrax im Südwesten und zum Abschluss dann noch das Juwel von Glentress. Jede einzelne Station davon glänzte mit eigenem Charme und beeindruckender Landschaft. Für zwei Wochen ist das auf jeden Fall ganz schön viel Holz und trotzdem hatte ich nie das Gefühl, dass es stressig wird. Außer ein bisschen auf Skye, wo wir beinahe keine Unterkunft bekommen hätten. Aber auch das ist ja nochmal gut gegangen. So richtig bewusst geworden, wie viel wir eigentlich erlebt und gesehen haben ist mir erst, als uns die Briten in Glentress ihre Anerkennung gezollt haben. Dabei haben wir längst nicht alle Orte abgeklappert, die wir angepeilt hatten. Ullapool, Tongue und Golspie beispielsweise sind auf der Strecke geblieben. Und in vielen von den Gebieten in denen wir waren hätte man locker noch einige Tage mehr verbringen können, bei Aviemore und Peebles zum Beispiel jeweils ohne Weiteres eine ganze Woche. So kann ich im Grunde unsere Tour “nur” als Kratzen an der Oberfläche der schottischen Bike-Möglichkeiten bezeichnen. Trotzdem oder gerade deshalb glaube ich: Wir haben alles richtig gemacht. Naja, fast. Ich würde schon früher das Anti-Midges-Spray kaufen. Die Biester sind echt nervig. ;)


Kommentare