Echtes schottisches Wetter

Der Blackwater Trail von der grauen Seite

Veröffentlicht am 13. Juni 2015

Die Nacht war grauenhaft. Der Boden ist viel zu hart für den Rücken und im Schlafsack ist einfach zu wenig Platz. Was will man auch erwarten, wenn man mit Mitte 30 meint zelten zu müssen? ;-) Auch die Mücken haben mich leider nicht ganz in Ruhe gelassen, aber wenigstens ist das nicht so schlimm geworden wie befürchtet. Um 8 Uhr schaffen wir es schließlich uns aus dem Schlafsack zu quälen und uns anzuziehen. Mit gefühlten 8-10 Grad ist es ziemlich kalt. Wir frühstücken an einem Tisch mit Bank unser mitgebrachtes Müsli mit Apfel und Hafer-Schoko-Drink, was sich als ziemlich lecker heraus stellt.

Während Stefan sich etwas frisch macht beginne ich mit dem Abbau des Zelts. Das funktioniert sogar besser als erwartet, so bin ich schon ein wenig stolz, dass ich fast fertig bin, als Stefan zurück kommt. Da wir die Erlaubnis vom Hostel-Angestellten/Verwalter haben, dass wir nach unserer MTB-Tour duschen dürfen, ziehen wir uns um und machen uns auf den Weg. Zunächst geht es steil den Berg hoch, entlang des West Highland Way. Wir gelangen an einen kleinen Staudamm, den wir uns aus der Nähe anschauen, bevor wir einen noch steileren Berg hoch kurbeln. Ich falle natürlich ein wenig zurück, da ich mit Stefan natürlich nicht mithalten kann. Ein entgegen kommender Brite ruft mir zu “C’mon, you’re slackin’!” - Danke, das habe ich gebraucht…

Nach einem harten Kampf und 300 Höhenmetern am Stück komme ich schließlich auch oben an einem Häuschen an, aus dem die Rohre zu dem Wasserkraftwerk am Fuße des Berges führen. Eine Pumpstation? Wir wissen es nicht genau. Auf jeden Fall wird der Weg nun etwas freundlicher und wir entdecken etwas unterhalb einen weiteren Weg, der parallel zu unserem verläuft und wie dunkler Schotter aussieht. Schließlich gelangen wir an eine Zwischenhöhe, an der wir kurz rasten und ein paar Fotos machen, obwohl das Wetter nicht so sehr dazu einlädt. Immerhin ist es trocken. Wieder ein Stück herunter gerollt begegnen wir einer Kreuzung mit dem vermeintlichen Weg und wir stellen fest, dass es sich um eine Art Aquädukt handelt. Jedenfalls besteht das Ding aus Beton durch das Wasser fließt, wie wir an ein paar Stellen, an denen Löcher in der Oberfläche sind, erkennen können. Wir beschließen auf diesem weiter zu fahren - zum einen lässt es sich auf Beton leichter fahren und zum anderen: Wer kann schon von sich behaupten auf einem Aquädukt gefahren zu sein! So ziehen die nächsten 100 Höhenmeter fast mühelos an uns vorbei und wir gelangen zu einer riesigen Staumauer, die sich über die gesamte Breite des Tals erstreckt, das hinunter nach Kinlochleven führt. Entsprechend viel Wasser befindet sich auf der anderen Seite. Ganz schön eindrucksvoll.

Während wir mal wieder Fotos machen und überlegen, ob wir die Absperrung ignorieren und über die Mauer auf die andere Seite fahren, holen uns zwei Locals mit Bikes und und zwei Hunden ein. Wir quatschen ein wenig und sie geben uns wieder tausende von Informationen wo wir weitere Touren und Trails in der Gegend und auch auf Skye finden. Zunächst einmal verraten sie uns, dass wir für den Blackwater Trail die Mauer überqueren müssen. Die zwei wollen ebenfalls den Weg entlang, also heben sie Hunde und Bikes über das Tor. Mein Hinweis auf das Verbotsschild wird mit einem fetten Grinsen und dem Spruch “Ah, yes. We always do as we’re told. Not!” quittiert. Na wenn das so ist… Die Überquerung des Staudamms dauert ganz schön lange und ist ein tolles Erlebnis. Der Wind pfeift zwar ordentlich von der Seite, aber die Aussicht von hier ins Tal und auf die Wasseroberfläche ist schon besonders.

Auf der anderen Seite angekommen müssen wir noch einmal nach dem genauen Weg fragen, da es mehrere Pfade gibt, die Richtung Tal führen. Auf dem von uns eingeschlagen begegnen wir richtig dicken Steinen auf denen es sich teilweise fährt wie auf rohen Eiern. Stellenweise ist es richtig steil und große Felsbrocken, die aus der Wand heraus ragen lassen mich um meinen Schaltkäfig bangen. Mit den 150mm vorne und 140mm hinten ist der Abstieg hier ziemlich anspruchsvoll. Erwähnte ich schon die dicken Steine, denen man gar nicht ausweichen kann und auch die dicken Steine? Habe ich in der Form noch nicht gesehen und es gibt mehr als eine Situation, in der ich fast unfreiwillig absteige. Kurze Zeit später tun meine Hände weh. Hier und da fließen kleine Bäche auf dem Weg, so dass wir nass und dreckig werden. Hinter einer Kurve versteckt sich eine starke Senke und ich höre Stefans Warnung nicht, dass man hier nicht fahren kann. Macht nichts, da ich ohnehin sehr langsam um die Ecke zuckel und freiwillig absteige. Die Brücke, die sich dort befindet hat auch schon bessere Tage gesehen und nicht mal Danny MacAskill würde hier einen Weg über die Brücke finden, so kaputt ist sie. Also überqueren wir den Bach unterhalb.

Nach einiger Zeit machen wir Pause an einem Wasserfall, an dem wir (das heißt Stefan) mal wieder jede Menge Fotos schießen. Sieht wirklich toll aus hier. Die Locals mit den Hunden holen uns ein, aber nachdem wir uns wieder auf den Weg machen überholen wir sie wieder. Der Trail wird etwas einfacher, dafür kommen jetzt ein paar Anstiege hinzu, die teilweise nicht fahrbar sind. Dennoch ist ist die Abfahrt nach wie vor sehr technisch, macht mir jetzt aber mehr Spaß. Stefan scheint sich auch schon bei den dicken Brocken zu Hause gefühlt zu haben, denn er strahlt sowieso schon die ganze Zeit über beide Ohren. Nach ein paar flowigen letzten Metern gelangen wir schließlich wieder zum Hostel, drehen aber noch eine Runde um die benachbarte “Ice Factory”, von der wir später erfahren, dass es sich dabei um die größte Indoor-Eiskletterwand der Welt handelt.

Am Hostel verwenden wir den Wasserschlauch um erst einmal den groben Dreck von Bike und Mensch abzusprühen. Zwar sind unsere Sachen jetzt klatsch nass, aber immerhin einigermaßen sauber. Wir gehen duschen, was nach der Kälte und dem kalten Wasser aus dem Schlauch so richtig gut tut. Wir verstauen unser nasses Zeug im Auto und beschließen noch etwas in Kinlochleven zu essen, bevor wir uns auf den Weg nach Fort William machen. Also kehren wir auf der anderen Seite der Brücke in einem Gasthaus ein, die ein Schild draußen stehen haben, dass es zwei Gerichte für 12 Pfund gibt - das klingt fair. Der Pub scheint der lokale Treffpunkt zu sein, jedenfalls ist ziemlich viel los. In der Mitte des Raumes steht ein großer Billardtisch, an dem einige Leute - jung und alt - spielen und sich abwechseln. Hin und wieder wird die moderne Jukebox (mit Touchscreen) bedient, so dass eine tolle Atmosphäre entsteht, die ich genieße und in mich aufsauge.

Schließlich brechen wir Richtung Fort William auf. Die Fahrt ist wenig späktakulär und so parken wir zunächst irgendwo, um uns mit den Begebenheiten vertraut zu machen. So schlendern wir durch die Fußgängerzone, die schon recht gut auf Tourismus ausgelegt sind. B&Bs in der Innenstadt gibt es allerdings nicht, also fragen wir Google Maps und finden eins das sehr gute Bewertungen hat. Auf einmal verschwindet es von der Ansicht, so dass wir einfach das erst beste B&B anfahren, das uns optisch zusagt und auch noch frei ist. Und tatsächlich, auch das ist super. Es handelt sich um eine umgebaute Garage und Werkstatt, von dem man aber nichts mehr sieht. Alles wirkt sehr gehoben und wir haben sogar unser eigenes WLAN. Wir hängen unsere nassen Sachen auf und verschwinden zu Fuß in der Stadt, um mal wieder etwas zu essen. Der Rückweg zum B&B kommt uns recht lang vor, aber auch diesen schaffen wir und während sich Stefan einen Vortrag von Gunther Dück reinzieht, schreibe ich noch etwas an meinem Reisebericht.


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